Gedenken an den 50. Todestag von Pfarrer Arnold Fortuin am 21. Juni in St. Michael

aus: St. Michael - Die Geschichte einer Gemeinde in Bildern (1984), S. 32

Am 19. Juni 1970 starb in Illingen Pfarrer Arnold Fortuin, der bundesweit als „Zigeunerseelsorger“ bekannt geworden war und den manche sogar den „Oskar Schindler der Sinti und Roma“ nennen. In St. Michael, wo er 1927 bis 1933 als Kaplan wirkte und wo seine enge Verbundenheit mit der Bevölkerungsgruppe der sogenannten Zigeuner begann, werden wir am
Sonntag, dem 21. Juni 2020
in der Eucharistiefeier um 11 Uhr

an den 50. Todestag und an das eindrucksvolle Wirken des Priesters erinnern.

In Neunkirchen/Nahe geboren, wurde Arnold Fortuin 1927 in Trier zum Priester geweiht und kurz darauf einer der ersten Kapläne der erst 1926, zwei Jahre nach der Erbauung der Kirche, errichteten jüngsten Pfarrei Saarbrückens, St. Michael. In seiner seelsorglichen Tätigkeit kam er in Kontakt mit Sinti- und Roma-Familien, die mit ihren Wohnwagen im Bereich des Güterbahnhofs lagerten. Sie lebten in elenden Verhältnissen, die Kinder gingen kaum zur Schule, die „Zigeuner“ waren als Gruppe am Rand der Gesellschaft von der Mehrheit der Bevölkerung verachtet. Im Pfarrheim richtete Kaplan Fortuin eine „Zigeunerschule“ ein, bereitete viele der Kinder auf die Feier der Sakramente vor und organisierte Unterstützung für die Familien. Aufgrund der Kontakte aus der Kaplanszeit in St. Michael wandten sich in der Nazi-Zeit viele der von Verfolgung und Vernichtung bedrohten Sinti und Roma an Arnold Fortuin, der etwa 200 von ihnen zur Flucht ins Ausland verhalf. Als Religionslehrer in Bad Kreuznach von 1933 bis 1937 geriet der regimekritische Seelsorger in Konflikt mit den staatlichen Behörden und wurde aus dem Schuldienst entfernt.

Als Pfarrer in Beuren bei Hermeskeil erlebte er seit 1939 die Errichtung des SS-Sonderlagers in Hinzert, dem Fililalort der Pfarrei. 1940 wurde es ein KZ-Hauptlager vorwiegend für politische Häftlinge, besonders aus Luxemburg, die immer zahlreicher eingeliefert und auch dort getötet wurden. Der Pfarrer versuchte Gefangenen zu helfen und nach seinen Möglichkeiten gegen das NS-Regime zu protestieren. Von 1950 bis zu seinem Tod wirkte er dann als Pastor in Illingen und begründete 1955 die „Zigeunerwallfahrt“ zur Illinger Bergkapelle. Der gute Hirte der Sinti und Roma wurde schließlich 1965 der erste Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für die Zigeunerseelsorge in Deutschland. Nach seinem Tod 1970 wurde er in seiner Heimat zu Grabe getragen. Nicht nur im Saarland ist sein Wirken lebendig, ein großes Wohnprojekt in Berlin für 600 Sinti und Roma trägt seit 2012 seinen Namen.

Die Landeshauptstadt Saarbrücken plant, einen Gedenk-Ort für die unter der Nazi-Herrschaft deportierten und ermordeten Sinti und Roma im Umfeld der Pfarrkirche St. Michael zu schaffen, in Erinnerung an das Wirken von Arnold Fortuin.

Herzliche Einladung zum Gedenken im Gottesdienst, aber auch zum entschiedenen Widerstand gegen alle Formen von Rassismus und Menschenverachtung auch heute.

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