Wonnemonat Mai

"Lilie und Kreuzschnabel"

Lilie und Kreuzschnabel - Die Blume und der Vogel sind zwei der ältesten Zeichen und Gegenstand christlicher Legende und Frömmigkeit, die sich symbolisch mit Jesus, Maria, und somit auch dem Wonnemonat Mai, verbinden lassen.

Wohl jeder sieht beim Begriff der Lilie, zunächst einmal eine stark duftende, weiße Blume vor sich. Christlich ist sie vor allem das Zeichen, das der Erzengel Gabriel in vielen Verkündigungsszenen in seiner Hand hält. Weswegen die Lilie, wie die Rose, auch zum Sinnbild für die Reinheit Mariens wurde.

In einem Marienlied heißt es: "Du bringst uns den Gnadenfrühling, du bist das blütenreiche Land, die wunderschön Prächtige." Doch erst in der mittelalterlichen Ikonographie und Musik wird die Lilie überhaupt als ein solches Marienattribut verwendet. Nämlich zu der Zeit, als man begann, die biblische Susanna, hebräisch für "die Lilie" (→Dan 13), als Vorausbild Mariens anzusehen.

In den ersten Jahrhunderten nach Christus wurde die Lilie zunächst mit Christus selbst, nicht zuletzt mit Tod und Auferstehung identifiziert. Die Reinheit im Weiß der Lilie, ließ wohl diese Blume der Geburt ebenso das Hoffnungszeichen im Tod werden: "Lilienweiß ganz ohne Schaden" (→GL 527,1)

Bereits im antiken Ägypten war die Lilie, ein Irisgewächs, ehedem das Zeichen der "Wiedergeburt" (→ gelbe Schwertlilie). Im ägyptischen Namen ist der Stamm nar-enthalten, der ebenfalls in "Narzisse" vorkommt. Auch im Griechischen wurde mit Narzisse ursprünglich die Iris bezeichnet, die ihrer Vielfarbigkeit wegen schließlich ebenso namensgebend für die Iris des menschlichen Auges wurde.

Madonna - Trier St. Michael

Gleichermaßen wunderbar und farbenprächtig ist die Geschichte des Fichten-Kreuzschnabels, der linkshändig in der abgebildeten Madonna der Trierer Pfarrei Hl. Kreuz (→ Kopie der Kesselstadt Madonna aus dem 13/14. Jh.) sogar zugleich mit einer Lilie in der anderen Hand Mariens dargestellt wurde.

Schon von Christi Kreuzigung an ist dieser Vogel bekannt; und Gegenstand der Legendenbildung. In der nebenstehenden Darstellung pickt er in den Finger des Jesuskindes und ein Tropfen Blut kommt zum Vorschein. Ein Hinweis auf das spätere Schicksal Jesu im Kreuzigungsgeschehen. Und insofern wiederum symbolische Verbindung von Tod und Leben.

Der Fichten-Kreuzschnabel sei es der Legende nach gewesen, der Jesus am Kreuz hängend besuchte, und versuchte, mit seiner schwachen Kraft, einen Nagel aus seiner Hand herauszuziehen. Was ihm jedoch nicht gelang, so dass er hernach einen gekreuzten Schnabel forttrug.

Zudem floß der besagte Tropfen Blut auf sein Gefieder. Und so wunderbar, wie diese Geschichte, ist deshalb im übrigen die Metamorphose seiner natürlichen Befiederung. Daher heißt es über den Fichten-Kreuzschnabel oder "Christvogel": "Und der Heiland spricht voll Milde, sei gesegnet für und für, trag dies Zeichen dieser Stunde ewig, Blut und Kreuzeszier."

Für und für - so steht dieser symbolträchtige Vogel schließlich außerdem bei Bewohnern gebirgiger Gegenden bis heute im Ruf, Krankheiten von den Menschen weg, in sich aufnehmen zu können. Doch nicht nur Krankheiten, sondern auch jedwedes Kreuz und Unglück im Leben der Menschen. (BS)

(in Anlehnung an Tagesimpuls Pfr. Theo Welsch, Trier Heilig-Kreuz, 01. Mai 2020)

 

Maria ist die Kirche

"Maria - Sitz der Weisheit" (um 1700)

Maria ist die Kirche - so sagt man. Ein altes Thema. Aber vielleicht doch nicht so vertraut. Dennoch, wie ich finde, sehr passend im Marienmonat Mai - nicht zuletzt unter den Vorzeichen von Corona.

Maria ist also eine Art "corporate personality" oder auch "corporate identity" - in der Sprache unserer Zeit ausgedrückt. Doch was heißt das? Was sagt uns das über die Gottesmutter - und über uns?

Schon Augustinus spricht von einem Ähnlichsein von Maria und der Kirche, die sich bis zur Identität steigert, greift man auf die Tradition der "geschaffenen Weisheit" zurück. Ich fühle mich prompt erinnert an dieses wunderbare Gnadenbild in der Abtei St. Matthias in Trier, vor dem ich in der Priesterausbildung so oft gebetet habe.

Maria ist also die Beziehungsgröße des Christentums schlechthin, insofern wir alle mit ihr und damit auch untereinander verbunden sind und mit ihr das eine Gegenüber zu Christus bilden. Ihr Wesen ist insofern Spiegel der Kirche. Soll es sein. Das "Ur-Prinzip" in reinster Gestalt.

Und Kirche gleichsam darin universalisiert. Was gemessen an der Realität unserer Zeit, in der Kirche von heute, aber viele Fragen und Kontroversen aufwirft - zurecht. Was wäre aber erst einmal die Kernkonsequenz aus geistlicher Sicht - angesichts der Gleichstellung von Maria und der Kirche?

In jedem Fall, dass alle Menschen auf ihre je eigene Weise Christus in sich "Gestalt annehmen" lassen (Gal 4,19), um ihn gemeinsam "in seiner vollendeten Gestalt darzustellen" (Eph 4,13). Allerdings zunächst weniger als eine Institution - unter vielen anderen Institutionen in dieser Welt.

Sondern vielmehr als Sakrament - "zeichenhafte Fassung des unfassbaren Gottes" - empfänglich für ihn wie Maria - unsere Mutter im Glauben. Vielleicht gelte es genau das, gerade in Zeiten von Corona und auf dem Weg zu neuer Solidarität und Communio, zuvorderst noch einmal tiefer zu meditieren.

Wohlmöglich könnte sich aus einer zunächst verständigen Vielfalt der Verwirklichungen menschelnder Kirche in Christo auch ein neuer Zugang zu all diesen institutionellen Fragestellungen, inkl. individueller Gleichberechtigung in der praktischen Organisation von Kirche eröffnen.

"Maria - Sitz der Weisheit" - ein wunderbarer, wünschenswerter Zugang... (BS)

(frei nach Gisbert Greshake: "Maria ist die Kirche - Aktuelle Herausforderungen eines alten Themas")

 

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