"Liebe auf den Punkt gebracht"

An diesem Wochenende (Weltmissionssonntag) lesen wir im Evangelium vom Doppelgebot der Liebe. Und so betete 1921 Paul Kästner im Geiste Jesu nach Mt einmal: "Lass die Wurzel unsres Handelns Liebe sein, senke sie in unser Wesen tief hinein. Gott, lass alles hier auf Erden Liebe werden."

Liebesgebot

Gott liebt – das ist der Mittelpunkt der Welt: seine wunderbare Schöpfung.
Gott liebt – das ist Mittelpunkt unseres Glaubens. Ohne Liebe wäre der Glaube nichts.
Gott liebt – das ist Grund des Lebens - die Liebe unsere Mission.

Doch worauf genau kommt es an? Die älteste Regel trug schon meine Oma in Reimform auf den Lippen: Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu! Sicher ist der Satz im Unterlassen ebenso Inbegriff von Nächstenliebe; aber, ist das positiv gewendet, auch schon alles?

Der ehemalige Limburger Bischof Franz Kamphaus erzählt:

"Im Kreis Jugendlicher Firmbewerber fragte ich: Worauf kommt ́s an im Christentum? Die einhellige Antwort: Auf die Nächstenliebe. - Ist das alles?, fragte ich weiter. Schweigen! - Ich habe kaum erlebt, dass jemand die Gottesliebe genannt hätte. Christsein bedeutet für die Allermeisten Nächstenliebe, dann hört ́s aber auch oft auf. Für Jesus nicht! Für ihn fängts an: Du sollst den Herrn deinen Gott lieben das ist das erste und wichtigste Gebot. Mancher wird denken: Gott begegnen wir im Nächsten, wo denn sonst? Also ist, den Nächsten lieben u. Gott lieben, eins. Für Jesus nicht automatisch. Er spricht zunächst von zweien: Gott ist Gott und Mensch ist Mensch. Die Beziehung zu Gott geht nicht in der Beziehung zum Mitmenschen auf. Gott lieben 'mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all meinen Gedanken', also nicht nur mit den Resten an Interesse und Zeit - nicht nur mit dem, was übrig bleibt, wenn sonst alles getan ist. Der ganze Einsatz ist gefragt!"

Türangel

Und doch geht’s dabei ja um Eins! - Man könnte das Doppelgebot der Liebe vielleicht mit Türbändern vergleichen: wie eine Tür an zwei Angeln hängen muss, damit sie (überhaupt) funktioniert, so hängt unser Glaube am Gebot der Gottes- und Nächstenliebe - sonst hängt der Glaube schief!

Bischof Kamphaus gibt zu: Gottesliebe lässt sich nicht machen, befehlen oder erzwingen. Sie bleibt Geschenk - wie im übrigen die Menschenliebe! Um sich zu verlieben, muss man sich treffen, Gelegenheiten suchen; miteinander sprechen, auf Zeichen achten -  die innere Stimme vor allem! Das, gilt auch für Gott! F. Kamphaus fragt daher: ob das Tor zum Glauben nicht oft schief hängt, weil es an der tragenden Angel, also der Gottesliebe, ausgehängt ist?!

Doch es geht ja noch weiter: im Gegensatz zu früher haben moderne Türen heute 3 Türbänder. Und eigentlich ist das Doppelgebot ja sogar ein Dreifachgebot: der Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe. Und, wer dieses 3. Band zudem nicht ernst nimmt - so meinte H. Hesse einmal: „ist ein armer Teufel, voll Minderwertigkeitsgefühl, voll Verlangen, alles zu lieben, und doch von Plagerei gegen sich selbst…“

Ich glaube, nach dem heutigen Evangelium öffne ich in der nächsten Woche alle Türen, die ich so in die Hand nehme, einmal wieder bewusster! Und lasse mir wohlmöglich von ihnen sagen: Freund, dein Glaube hängt schief, wenn er nicht an diesen 3 Türangeln hängt. Und vielleicht fällt mir ja dann wieder mal auf: es geht in allem schließlich nicht nur um meine Perspektive!

Und im Leben außerdem, nicht immer nur um Aufgaben/Gebote; aber auch nicht Rosinenpickerei! Wenn Jesus uns mit Geboten konfrontiert, dann denkt er sicher nicht daran, daß wir uns einfach aussuchen, was uns am nächsten kommt: wer halt besonders fromm ist, kümmere sich um die Liebe zu Gott - den Nächsten kann er links liegen lassen. Oder, wer sich für andere einsetzen will, der kümmere sich halt um sie - und "lässt den lieben Gott 'nen guten Mann sein." Also: wie’s uns grad gefällt?!

Öffnet Eure Türen

Nein! - Eigentlich ist das mit der Liebe auch gar nicht so kompliziert! Gott reduziert das, worauf es ankommt, nicht mal eben so auf 2/3 Gebote. Eigentlich geht es um Eins - in der ganzen Bibel: Gott selbst ist die Liebe! "Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm." (1 Joh 4,16b)

Wer das begreift, sich auch in eigenen Grenzen von Gott angenommen weiß, der wird selbst fähig zur Antwort der Liebe! Das heutige Evangelium tut gut daran, uns zu erinnern: es geht nicht darum, daß wir Gott lieben sollen, und darüber hinaus auch noch den Menschen. Menschen zu lieben heißt doch: Kirche! - heißt Gott lieben. Den Menschen dienen, heißt, Gott den größten Dienst tun!

Wie sagte der zeitgenössische Autor Bernhard Schlink einmal so schön: „Weil die Wahrheit dessen, was man redet, das ist, was man tut, kann man das Reden zuweilen auch lassen.“ - Und das tue ich jetzt auch; und setze meine Türbänder in Gang und in Aktion!

 

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